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Landleben draußen in Feld und Flur

An der Seite vor dem Haus stand der große Leiterwagen. Kastenwagen, Pflug, Eggen und Walzen wurden in der Feldscheune außerhalb der Stadt untergebracht. Die Pferde hatten den Schwengel unter dem Bauch hängen, wenn der Bauer mit ihnen zur Scheune zog, und nicht selten saß er dabei quer, mit beiden Beinen nach einer Seite, auf dem Handpferd.

Der pflügende Bauer hinter seinen beiden Pferden, der Furche um Furche zieht, ist nur noch auf alten Gemälden zu sehen. Ich kann diese Zeiten nicht vergessen. Der alte Plückebaum brachte mir das Pflügen mit dem Streckpflug bei, als ich ganze elf Jahre alt war. Er duldete die ersten krummen Furchen auf seinem Acker, griff auch mal mit zu, doch ich lernte schnell - vor allen hatte ich keine Schwierigkeiten mit den willigen routinierten Pferden. Gerade dieser Pferdekontakt war es, der mich reizte. Heute ist so ein einfacher Streckpflug bereits ein Museumsstück, Ackerpferde gibt es höchstens als Rückepferde noch in schwer zugänglichen Wäldern. Dort ziehen sie immer noch Stämme aus Beständen, die mit Traktoren nicht zu befahren sind.

Manche Bauern „kloppten Holz" mit ihren Pferden bei Hartfrost im Winter, schleiften die Stämme auf den Weg, luden sie auf die von den Leitern befreiten Leiterwagen, und auch der Mittelbaum wurde herausgenommen, so dass nur Achsen und Räder mit ihren Rungen und die Deichsel übrig blieben. Die Achsen wurden nach der Länge der zu ladenden Baumstämme gerichtet, statt des Mittelbaumes mit starken Ketten verbunden. So rollten sie los, meistens gleich bis zum Güterbahnhof. Mit ihren normalen, zu Kastenwagen umfunktionierten Wagen holten alle Bauern im Winter geklaftertes Brennholz aus den Wäldern, oft von weither und nicht nur für den Eigenbedarf, sondern für alle Haushalte in der Stadt.

Erntezeit! Heute fährt der Mähdrescher von der Größe eines Sommerhauses einige Stunden lang über die großen Kornschläge und fertig ist die Laube! Selbst das ausgespuckte Stroh wird von einer Maschine in Ballen gepresst. Ein einzelner Mann macht die ganze Arbeit, zu der es noch zu meiner Kinderzeit in Steinheim viele fleißige Hände, schwitzende Schnitter und gutes Wetter brauchte. Größere Bauern hatten zwar schon Selbstbinder mit nass geschwitzten Pferden davor, doch die kleineren, besonders die Kuhbauern, mussten mit der Sense schneiden, Frau oder Kinder die Garben binden, in Hocken stellen. Nach einigen Tagen, je nach Sonnenschein, musste das Kuhgespann einfahren.

Den Dreiklang der Dreschflegel auf der Deele habe ich auch noch erlebt, obwohl es längst schon die Dreschmaschinen gab. So ein Ding war eigentlich eine Lokomotive, nur dass ihre Kraftübertragung nicht auf die Räder, sondern auf den breiten Lederriemen ging, der seinerseits den eigentlichen Dreschkasten betrieb. Dort stopfte man oben die Garben hinein, die von einfachem Mechanismus gewalzt und geschüttelt wurden. Das Korn rieselte durch eine Reihe von Löchern unter die man Säcke band. Das Stroh wurde von einer Spindel nach hinten geschoben, zu Ballen gepresst und heraus transportiert.

Was es noch extra gab) war die konstante Staubwolke, in der die Frauen standen. Dieser feingraue Staub ging einfach überall hin, sogar durch die Unterwäsche unter dem groben langen Kleid. Ortsfeste Dreschmaschinen standen unter einem Dach hinter der Langen' Brücke und hinter der Heubachbrücke. Waren sie im Gang, hörte man das Summ und Summ und Summ über die ganze Stadt, ab und zu ihr Flöten, wenn der mit Kohlen befeuerte Kessel Überdruck hatte. Zuhause musste das leere Stroh wieder gebanst werden, entweder auf dem Boden unter dem Giebel, oder in der Scheune, wenn man eine hatte. Das Aufstecken vom Wagen auf den Boden macht müde, das kann ich versichern!

Herbstbestellung oder Frühjahrsbestellung, alles mit den beiden Pferden und den einfachen Geräten. Nur in den Wintermonaten gab es so etwas wie Ruhe und Muße, doch das Vieh musste jeden Tag gefüttert, die Kühe gemolken werden. Das war dann die Zeit für die großen Platenkuchen, die auf ihren Blechen zum Bäcker balanciert wurden, der sie zum Abbacken in den holzgefeuerten Backofen schob.

Im Hinterhof vor dem Küchengarten machten die männlichen Familienmitglieder, von etwa zehn Jahren aufwärts bis zum Opa„ Brennholz, nachdem die fahrbare Bandsäge von August Meier die Stämme zu Klötzen geschnitten hatte. Die wurden dann mit Axt oder Barte zu passenden Splitten zerkleinert, dann in runden Diemen zum Trocknen aufgestellt. Man brauchte viel Brennholz das ganze Jahr hindurch.

So oder ähnlich ging es zu in den vielen Bauernhäusern in Steinheim.

Autor: Walther J. Starp, 18.10.2018 
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