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kath. Pfarrkirche - Pesttafel - Tympanon - Kirchplatz

Kurzbeschreibung

Die Pesttafel ist wohl das erschütternste Dokument Steinheimer Geschichte. Als 1618 wieder einmal die Pest über die Stadt hereinbrach, waren unter den 375 Opfern der Seuche alle sieben Kinder des Bürgermeisters Husemann. Das Kindergrab wurde mit einer gusseisernen Grabplatte abgedeckt: der heutigen Pesttafel.

Oben sehen wir das Kreuz mit dem sterbenden Christus, Symbol des Glaubens und der Auferstehung. Zu beiden Seiten das Ehepaar Husemann mit ihren Familienwappen. Darunter die sieben verstorbenen Kinder, links zwei Mädchen, rechts fünf Jungen, getrennt durch eine symbolische Giftwolke.

In der unteren Hälfte der Tafel die erläuternde Inschrift

„FÜNF BRÜDER UNDT ZWI SCHWESTERLEIN ALLHIE IN DER PEST BEGRABEN SEIN...“

Die letzten Zeilen enthalte bereits das 1637 erweitere und modifizierte Steinheimer Pestgelübde.

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Hier sehen Sie ein Video über die Pesttafel an der Sankt Marien Kirche

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Wir befinden uns hier an der Südseite der Kirche, über uns die sogenannte Pesttafel. Nachdem schon einige Pestepidemien voraus gegangen waren, brach 1618 erneut die Seuche in Steinheim aus und forderte 375 Todesopfer. Darunter befanden sich alle sieben Kinder des Bürgermeisterehepaares Husemann, fünf Söhne und zwei Töchter. Die Pesttafel war die Abdeckplatte des Kindergrabes dieser sieben Kinder. Oben sehen wir eine Engel Allegorie, darunter den gekreuzigten Christus. Links und rechts die Eltern Husemann, darunter rechts die fünf Söhne, links die beiden Töchter.

Nur 18 Jahre später, 1636/37, folgten die schwersten Pestjahre, in denen erneut ein großer Teil der Bevölkerung hingerafft wurde. Hat die Seuche erloschen wählte der damalige Stadtrat den heiligen Rochus, den Pestheiligen, zum Stadtpatron und legte das Rochus Gelübde an. Er gelobte die Zukunft der Ehrentag des heiligen als arbeitsfreien Bettag zu begehen, zudem sollte an diesem Tag Brot gebacken und an die Armen verteilt werden, jetzt und in ewigen Zeiten.

Am südlichen Kirchenportal finden wir das älteste Kunstwerk Steinheims überhaupt: das Tympanon. Christus als Weltenrichter, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Dieses häufige Ensemble wird ergänzt durch zwei Köpfe unten an der Basis, links ein Christ wahrscheinlich, rechts ein Judenkopf, kenntlich durch den Juden Hut: der runde Hut mit der runden Kugel oben drauf. Aus beider Munde quillt eine endlose Ranke und die bildet das Fundament für Christus als Weltenrichter.

Sehr bemerkenswert an unserer Kirche: In Steinheim befindet sich die Abbildung eines Juden und das seit mehr als 800 Jahren. Dieses Tor ist allerdings 1877 versetzt worden hierher. Ich erwähnte bereits, es handelte sich ursprünglich um eine kreuzschiffige Basilika und die beiden Türen waren auf dem Querarmen dieser Kirche. Sie sind dann später nach hier versetzt, weil die zu spät Gekommenen dort oben in die Kirche rein kamen und den Gottesdienst störten. Da waren sie hier unten besser aufgehoben.

Wir stehen hier auf dem Kirchplatz, auf dem die Steinheimer früher ihre Toten beerdigten. Sie sollten ganz in Ihrer Nähe mitten in der Gemeinde ihre letzte Ruhe finden. Hier wurden nicht nur die Toten der Stadt Steinheim beerdigt, sondern auch die der Filialgemeinden Billerbeck, Belle, Ottenhausen und Rolfzen. Billerbeck und Belle, die lippischen Gemeinden, wurden 1599 nach Wöbbel umgebettet. Ottenhausen erhielt vor 300 Jahren bereits einen eigenen Friedhof und Rolfzen bekam eine eigene Begräbnisstätte, als dieser Friedhof hier 1831 aufgegeben wurde.

Jede Steinheimer Familie hatte hier ihre eigene Begräbnisstätte und die war an die Hausstätte in der Stadt gebunden, ebenso wie der Kirchenstuhl in der Kirche selbst. Jede Familie begrub einfach an ihrer eigenen Stelle, während die vier Dörfer jedes ihr eigenes Begräbnisfeld hatten. Insgesamt, hat der Heimatfreund Josef Menzl vor einigen Jahren ausgerechnet, ruhen hier auf diesem Platz 30.000 Tote.

Drei Grabsteine sind bis heute erhalten geblieben. Da ist einmal in Form einer antiken Totenurne das Grabmal der Frau Reese. Der Mann war Pächter des Gutes Thienhausen und von ihren 14 Kindern sind ihr 11 im Tod vorausgegangen

Der zweite Grabstein dort drüben, dieser massive rechteckige Stein, ist dem letzten Pastor gewidmet, der als Mönch aus dem Kloster Marienmünster kam. Gregorius Köchling starb hier 1826, wenige Jahre später wurde der Begräbnisplatz hier aufgegeben. Die Pfarrei Steinheim war seit 1319 dem Kloster Marienmünster inkorporiert und das Kloster stellte seitdem in Steinheim die Pfarrer und wie gesagt, der letzte geistliche der aus Marienmünster gekommen war, wurde hier dann beerdigt.

Der dritte Grabstein für den Gutspächter Busse steht heute auf dem Gut hinter Eichholz und hat einen sehr schönen Platz gekrönt von einer Würfelsonnenuhr, die angeblich die Tageszeit ansagt.

Bilder  📷 

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